Category: Story
Apr 12
Entasekera „Deadly Sky“ wo bleibt die Regenzeit
Der April ist ins Land gezogen und neigt sich dem Ende zu. Und so möchte ich wieder einmal einen kurzen Lagebericht geben über unsere kleinen und großen Freuden, unsere Sorgen und Bemühungen, und die vielen kleinen Schritte auf ein Ziel zu, das noch in weiter Ferne liegt.
Die Dürre hält an. Die kurze Regenzeit im November hatte ja nur ein paar Tage gedauert, die große Regenzeit ist längst überfällig, und nun wird es langsam eng für Mensch und Tier. Die Männer sind mit ihren Herden nach Tanzania und in die Serengeti gezogen, um die Rinder über die Dürre zu bringen.
Ein Maasai ohne Rinder hat keinen sozialen Status, und so wird alles getan, um die Zahl möglichst hoch zu halten, die Qualität spielt keine Rolle. Frauen, Kinder und alte Leute sind zurückgeblieben, teilweise hat man ihnen keinen Cent zurückgelassen. Frauen und Kinder sind leider nicht so „kostbar“ wie die Rinder. Mangelernährung und Hunger sind an der Tagesordnung. Und die Regierung ist in einen Skandal nach dem anderen verstrickt und hat auf die Menschen vergessen. Die Maisvorräte hat man an den Sudan verkauft, und nun bettelt man um Hungerhilfe vom Ausland, obwohl Kenya leicht alle Menschen gut ernähren könnte und für solche Dürrezeiten gerüstet sein sollte. Viele Äcker sind bereits bepflanzt und gesät, doch wenn es nicht bald regnet, wird alles kümmerlich vertrocknen. Strahlend blauer, wolkenloser Himme, 38-40 Grad im Schatten, kein Zeichen einer nahenden Regenzeit! „Deadly Sky“, sagen die Leute.
Unser Einkommen war noch nie sooooo niedrig wie in den letzten
beiden Monaten. Ein wahres Desaster. Gott sei Dank gibt es die Sterntaler!!! Ohne unsere Sterntaler-Familie wäre jetzt unsere Apotheke leer und ich könnte die Löhne nicht bezahlen. Unsere „Wirtschaftskrise“ ist buchstäblich eine Naturkatastrophe!!
Mit Hilfe der Sterntaler-Aktion sind auch heuer wieder einige junge Menschen in einer praktischen Ausbildung: zum Elektriker, zum Mechaniker, zum Tischler, zum Clinical Officer und Community Health Worker. Alle werden nach Abschluss ihres Trainings hoffentlich gute Dienste im Health Centre leisten. Auch in diesem Fall bringen die Sterntaler Hoffnung und Licht für zumindest einige junge Menschen.
Unser lokales Trainings-Programm im Education Centre hat Dank der Sterntaler-Aktion noch keinen „Einbruch“ erlitten. Im Feber haben wir 20 junge Menschen aus Loita zu „Village Health Helpers“ ausgebildet. Diese werden unsere Arbeit in der Vorbeuge-Medizin in den Dörfern draußen unterstützen. Für besonderen Einsatz und Engagement gibt es einen Motivations-Bonus.
Wie überall im Maasailand, aber vor allem bei den Loita-Maasai sind die Frauen in ihren Rechten beeinträchtigt. Sie leisten zwar einen Großteil der täglichen Arbeit, doch sie werden gehalten wie Sklavinnen, als Besitz der Männer, in einem traditionellen Käfig, aus dem sie nur ausbrechen können, wenn sie ihrer Rechte bewusst gemacht werden. Und so haben wir für heuer mehrere Seminare für Frauen geplant. Das erste dieser Seminare haben wir im März abgehalten. Von den 30 geladenen Frauen durften nur 17 kommen. Den anderen war die Teilnahme von ihren Männern verweigert worden.
Als Seminarleiterinnen hatten wir 2 Maasaifrauen von auswärts eingeladen. Es war für uns alle unabsehbar, wie die Loita-Frauen solche Themen wie „Rechte der Frauen“, „Gewalt in der Familie und gegen sich selbst“, die sie einfach hinnehmen, weil sie ihre Rechte nicht kennen, „soziale Unterdrückung“ usw., aufnehmen würden. Ihre Reaktionen waren wie ein Knalleffekt für uns alle. Die 17 Frauen haben am Ende des Seminars einen Dachverband gegründet, den sie LOITA WOMEN EMPOWERMENT ORGANISATION genannt haben und ihn unverzüglich auf Bezirkebene registrieren ließen. Damit haben sie nicht nur das Recht, Versammlungen abzuhalten, weitere Seminare zu veranstalten, an öffentlichen Versammlungen teizunehmen, sondern können auch Rechtsbeistand bekommen, wenn „Not an der Frau“ ist. Ein Folgeseminar im April ist bereits vereinbart, bei dem weitere 30 Frauen „empowered“ werden sollen.
Ein zentrales Thema des Seminars war auch FGM, die traditionelle Praxis der „Genitalverstümmelung“.
Die Diskussion war vor allem für mich, die ich immer wieder einen Zugang zu diesem Thema gesucht habe, herzerwärmend. Nun habe ich 17 Mitstreiterinnen, die hoffentlich Monat für Monat mehr werden! Sollte die einsetzende Regenzeit das „Männervolk“ wieder nach Loita zurückbringen, werden viele heiße Diskussionen entstehen, bei denen sich zumindest einige Frauen nicht mehr den Mund verbieten lassen werden. Und wie ich immer vermutet habe, sind es vor allem die Männer, die dieses Ritual am Leben erhalten, weil sie nicht eine „unbeschnittene Frau“ heiraten wollen, bzw. ihren Töchtern einreden, dass kein Mann sie heiraten wird.
Noch sind wir am Anfang eines langen Weges, doch der Grundstein ist gelegt. Danke an die Sterntaler-Familie für die Unterstützung.
Jeder Sterntaler bringt Hoffnung. Hoffnung, die gerade in diesen Zeiten so unschätzbar viel bedeutet. Möge ein bisschen von unserer Hoffnung, unserer Dankbarkeit, unserer Freude über die vielen kleinen Schritte in eine bessere Zukunft tausendfach auf euch alle zurückkommen.